Donnerstag, 15. März 2012

Tikkun Olam

Tikkun Olam*
(Ekaterinburg, Russland, 17. Juli 1918)

Sein Mund offen, als ob noch Fragen
fragend;
So liegt der Zar, am Ende seiner langen Herrschaft.
(Blaue Lippen fast kämpfend um es zu erklären,
gefangen in dem Zwischenreich letzter
Ausdrücke)

Die Zarin liegt ausgestreckt, Hände gekreuzt auf
ihrem beschmutzten Mieder.
Hinter ihr ruhen die abgestochenen Erben.
Blutpfützen umfließen juwelenbesetztes Starren.
Yurovsky steht über dem Haufen der Körper.

Ein Tschekist, geübt in der Kunst des Tötens,
lobt seine Männer, als sich der Pulverdampf verzieht.
Ihre Finger am Abzug aber bleiben gespannt und gekrümmt,

ihre Henkersaugen sind mehr als bereit-
sie alle, wie er, arme Jungs aus den Shtetln,
eifrig bemüht, die zerbrochene Welt zu heilen.

Leo Yankevich

*Hebräisch für „Die Heilung der Welt“




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